Wie wirken gemeldete SPS-Maßnahmen?
Ein Gravitationsmodell des EU-Rindfleischhandels

Marc Kramb, Roland Herrmann

Published: 26.05.2009  〉 Jahrgang 58 (2009), Heft 4  〉 Resort: Article 
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ABSTRACT

Im Regelwerk des "General Agreement on Tariffs and Trade" (GATT) werden seit langer Zeit nichttarifäre Handelshemmnisse bei gleichem Außenschutz als wesentlich problematischere handelspolitische Instrumente angesehen als tarifäre Handelshemmnisse. Ein bedeutender Grund ist, dass die Handelswirkungen von nichttarifären Handelshemmnissen weniger transparent sind als die von Zöllen. Somit war folgerichtig, dass im Rahmen der Agrarhandelsliberalisierung in der Uruguay-Runde des GATT die Tarifizierung, d. h. die Umwandlung von nichttarifären Handelsbeschränkungen in Zölle, festgelegt wurde. Die OECD hat dennoch mehrfach gefolgert, dass nichttarifäre Handelshemmnisse in der Folge dieses Beschlusses im Agrarsektor abgenommen haben. Diese Folgerung ist allerdings sehr problematisch. Zollkontingente, die seit 1994 in erheblichem Maße zugenommen haben, werden trotz ihrer quotenähnlichen Wirkungen formalrechtlich als tarifäre und nicht als nichttarifäre Handelshemmnisse aufgefasst. Außerdem zeigen die Meldungen von Maßnahmen unter dem neuen SPS-Abkommen, dass sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS-Maßnahmen) als Handelsbeschränkungen deutlich zunehmen. Zu den Wirkungen dieser SPS-Maßnahmen liegen noch sehr wenige empirische Untersuchungen vor.

In diesem Beitrag werden Meldungen über SPS-Maßnahmen bei der WTO herangezogen, um Handelswirkungen von sanitären und phytosanitären Handelsbeschränkungen zu messen. Die WTO-Datenbank der SPS-Meldungen wird erläutert. Es wird dann ein Gravitationsmodell verwendet, um für das Beispiel des EU-Rindfleischhandels zu untersuchen, wie im Zeitraum Januar 1995 bis Juni 2001 die im Zusammenhang mit BSE eingeführten SPS-Maßnahmen von Nicht-EU-Mitgliedern gegenüber der EU den bilateralen Handel beeinflusst haben. 31 potenziell betroffene Produktgruppen werden unterschieden, und mit einem Fixed-Effects-Ansatz werden die Paneldaten ausgewertet.

Es zeigt sich, dass SPS-Maßnahmen im Zusammenhang mit BSE die Rindfleischexporte der EU in den wichtigsten Produktkategorien reduziert haben. Sie wirkten allerdings nicht wie ein Handelsverbot - der prozentuale Erlösrückgang lag unter 100 % und betrug z. B. 49 % bei lebenden Rindern, 74 % bei frischem und gekühltem Fleisch und 86 % bei gefrorenem Fleisch. Da in einer ganzen Reihe von Produktgruppen die Exporte von Rindern, Rindfleisch und verwandten Produkten um deutlich weniger als 100 % sanken, ist offenbar der beantragte SPS-Handelseingriff deutlich stärker als die vom Importland umgesetzte Handelsbeschränkung. In künftigen Studien zum SPS-Abkommen muss daher zwischen SPS-Meldungen und SPS-Maßnahmen unterschieden werden.

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PROF. DR. ROLAND HERRMANN
Institut für Agrarpolitik und Marktforschung,
Justus-Liebig-Universität Gießen
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