Zusammenfassung:Gegenstand dieser Untersuchung sind die Agrarumweltprogramme, die auf der Grundlage der VO (EWG) Nr. 2078/92 durchgeführt werden und vor allem dem Ziel der Verbesserung der Umweltbedingungen, gleichzeitig aber auch der Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen und der Marktentlastung dienen sollen. Dabei darf jedoch nach VO (EG) Nr. 746/96 der Nettoeinkommenseffekt (die "Anreizkomponente") 20 % der zu kompensierenden Einkommenseinbußen nicht überschreiten; denn anderenfalls ließen sich diese Zahlungen nicht mit den GATT-Vereinbarungen in Einklang bringen.Eine theoriegeleitete Analyse der zugänglichen Informationen über die Anwendung der Agrarumweltprogramme, einschließlich der Ergebnisse einer eigenen Befragung landwirtschaftlicher Betriebe, führt zu dem Ergebnis, dass in den Agrarumweltprogrammen der Bundesländer hohe Netto-Einkommenseffekte auftreten, die z.T. weit über die 20-%-Grenze hinausgehen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Prämien nicht - oder nicht in ausreichendem Maße - nach den Kosten der Teilnahme an der jeweiligen Maßnahme gestaffelt werden: Der Anteil der teilnehmenden Betriebe, die lediglich die geförderte Wirtschaftsweise beibehalten, ist z.T. beträchtlich, die ihnen gewährten Prämien sind häufig noch nicht einmal reduziert. Die für die "Umsteller" gezahlten Prämien sind meist nicht gestaffelt. Hohe Netto-Einkommenseffekte ergeben sich für diejenigen Betriebe, die nicht wegen der Prämie, sondern aus anderen Gründen umgestellt haben. Die "horizontalen", flächendeckend angebotenen Maßnahmen - mit häufig einheitlichen Prämien - dominieren gegenüber gebietsspezifischen, für kleinräumige Regionen maßgeschneiderten Programmen. Für verschiedene Fördermaßnahmen der Agrarumweltprogramme wird das Problem aufgezeigt, dass in erster Linie Betriebe teilnehmen, die ihre Wirtschaftsweise nicht oder kaum umstellen müssen, während sich Betriebe mit hohem Anpassungsbedarf wegen zu geringer Prämienhöhe nur in geringem Umfang beteiligen - mit der Folge einer relativ hohen Einkommenseffizienz gegenüber einer relativ geringen Umwelteffizienz der Prämien.Im Anschluss hieran werden vor dem Hintergrund der vorangegangenen theoretischen und empirischen Analyse verschiedene Argumente zugunsten des Nichtausschlusses von "Beibehaltung" und des Verzichts auf eine Staffelung der Prämien diskutiert: die Notwendigkeit (1) der Sicherstellung der (künftig möglicherweise gefährdeten) Beibehaltung der gewünschten Wirtschaftsweise, (2) der Schaffung eines ausreichenden finanziellen Anreizes zur Teilnahme, (3) der Vermeidung der hohen Transaktionskosten einer differenzierten Prämiengewährung und (4) der Nichtdiskriminierung der "frühen Umweltpioniere". Auch wenn diese Argumente zum Teil zutreffen mögen, so stehen sie nicht im Widerspruch zu der Aussage, dass das derzeitige System tendenziell (a) hohe Einkommenseffekte und geringe Umwelteffekte zur Folge hat sowie (b) zur Entstehung von Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Agrarhandel führt. So lange es keine praktikablen Konzepte einer ergebnisorientierten, handlungsunabhängigen Honorierung positiver externer Effekte der Landbewirtschaftung gibt, muss die Orientierung der Prämien an den Einkommenseinbußen erfolgen - es sei denn, die Höhe der damit einhergehenden Transaktionskosten und/oder die geringe Umweltwirkung lege den Verzicht auf die jeweilige Fördermaßnahme nahe.Abschließend werden Konzepte der Neuen Politischen Ökonomie zur Erklärung der zuvor dargelegten, wenig zielführenden Ausgestaltung der Agrarumweltprogramme herangezogen. Dabei werden Überlegungen angestellt (a) zur Bedeutung der Transaktionskosten sowie unerwünschter Nebeneffekte einer zielkonformen Ausgestaltung für die Politik, (b) zur Möglichkeit einer Kollusion des vom Prinzipal (EU) beauftragten Agenten (Landesregierung) mit der Interessenvertretung der Landwirtschaft, (c) zur Frage der möglichen Beteiligung des Prinzipals an dieser Kollusion und (d) zu den Ursachen und Konsequenzen des ungewöhnlichen Evaluierungsverfahrens. In diesem Zusammenhang wird auch auf das in der EU im Bereich der Agrarpolitik nach wie vor bestehende Demokratiedefizit Bezug genommen.
HEINZ AHRENS, CHRISTIAN LIPPERT, MICHAEL RITTERSHOFER
Published: 01.02.2000 〉 Heft 2/2000 〉 Resort: Article
Submitted: N. A. 〉 Feedback to authors after first review: N. A. 〉 Accepted: N. A.
DOI:
N. A.
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