Eine Aufgabe der Agrarökonomie besteht in der umfassen den Bewertung von Produktionsverfahren und Betriebssystemen. Im Vordergrund stehen dabei die gängigen ökonomischen Kenngrößen. In der Diskussion hinsichtlich Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Produktionsverfahren ergibt sich die Frage, in welchem Umfang weitere Kennziffern notwendig sind, um eine umfassende Beurteilung von Produktionsverfahren vornehmen zu können. In diesem Zusammenhang spielen Stoff- und Energiebilanzen (der Begriff Bilanz ist dabei nicht in einem engen buchhalterischen Sinne zu interpretieren) eine zentrale Rolle. Dabei wird davon ausgegangen, daß die herkömmliche Bewertung von Kosten und Leistungen keine hinreichende Beurteilung ermöglicht, daß also externe Effekte gegeben sind, die nicht im Preis der Produktionsmittel bzw. Produkte ihren Niederschlag finden. Für einen Bereich der Stoffbilanzierung, nämlich die wichtigsten Pflanzennährstoffe, wurde vor kurzem die Düngeverordnung erlassen mit dem langfristigen Ziel, den Nährstoffaustrag bzw. -überschuß auf ein tolerierbares Niveau zu begrenzen. Ein unter dem vorgegebenen Grenzwert liegender Nährstoffüberschuß eines landwirtschaftlichen Betriebes, d.h. also ein besonders geringer Nährstoffaustrag, wird in einzelnen Umweltprogrammen in Vereinbarungen mit Wasserversorgungsunternehmen teilweise als Umweltleistung honoriert. Möglicherweise werden zukünftig Überschreitungen der festgelegten Grenzwerte mit Sanktionen belegt. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff "Nitratabgabe" in die Diskussion gebracht.Überlegungen, wie sie für Stoffbilanzen zutreffen, können in ähnlicher Weise auch für Energiebilanzen angestellt werden. Welche Zwecke werden mit der Erstellung von Energiebilanzen verfolgt? Energiebilanzen geben Auskunft über Höhe und Struktur des Energieverbrauchs. Durch den Vergleich von Energiebilanzen vergleichbarer Produktionsverfahren lassen sich Hinweise auf Möglichkeiten zur Energieeinsparung ableiten. Die Energiebilanz stellt somit auch einen integrierten Agrar- und Umweltindikator dar. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit der Verbrauch an Energie an sich als Umweltindikator verwendet werden soll, zumal bezüglich absoluter bzw. relativer Knappheit an Energie unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Weitgehend unstrittig sind dagegen die Konsequenzen der durch den Verbrauch fossiler Energien bedingten CO2-Emissionen. Diese lassen sich auf der Basis von Energiebilanzen ermitteln. Die CO2-Emissionen sind auch des halb von Bedeutung, da sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat, bis zum Jahre 2005 eine Minderung der CO2-Emission um 25 % gegenüber 1990 vorzunehmen. Die Erstellung und die Interpretation von Energie- und CO2 -Bilanzen bergen jedoch erhebliche Probleme. Dabei gilt es auf folgende Punkte hinzuweisen:Bei Koppelprodukten besteht generell die Schwierigkeit der Zuordnung. Dies trifft für Korn und Stroh ebenso zu wie für Milch und Fleisch, um nur zwei Beispiele zu nennen. Eine ähnliche Schwierigkeit ergibt sich bei der Verteilung der Herstellungsenergie von Anlagegütern auf den betriebsgewöhnlichen Nutzungsumfang. Dieser kann vorab nur geschätzt werden. Hier besteht eine analoge Problematik zur Zuordnung der Abschreibungsbeträge. Eine begrenzte Aussagefähigkeit besteht auch bei Produktionsmitteln, deren mögliche Umweltbelastung nicht nur durch den Energieaufwand zum Ausdruck kommt, wie z.B. bei Pflanzenschutzmitteln oder bei Stickstoff.Die Betrachtung der energetischen Seite kann, abgesehen von der monetären Erfassung, anhand von vier Kenngrößen erfolgen. Dies sind der Energieinput, der Energieoutput, der Saldo von Input zu Output sowie das Input-Output-Verhältnis. Insbesondere beim Energieinput stellt sich die Frage nach der Bezugsgröße. In der pflanzlichen Produktion kann dies der Naturalertrag oder die Fläche sein. Gerade bei einem Vergleich von Bewirtschaftungssystemen mit unterschiedlichem Intensitätsniveau wird häufig der Energieinput als zusätzliches Beurteilungskriterium herangezogen. Dabei liefert der Energieinput je Ertragseinheit eine Aussage über die Energieeffizienz der Produktion. In dieser Hinsicht liegen Bewirtschaftungssysteme mit einem hohen Ertragsniveau meist günstiger als jene mit einem niedrigeren Ertragsniveau. Bezüglich des Energieinputs je Flächeneinheit liegen die Verhältnisse häufig umgekehrt. Schließlich wird der Energieinput, bezogen auf die Flächeneinheit, auch als Hinweis für die Belastung von Ökosystemen verwendet. In diesem Zusammenhang scheint es eine natürliche Belastungsgrenze für den Energieeinsatz zu geben. Die natürliche Belastungsgrenze hängt wesentlich von natürlichen Standortfaktoren (z.B. Leistungsfähigkeit der Vegetation) ab und liegt in Trockengebieten wesentlich niedriger als in gemäßigten Klimazonen.Da der Energieinput in der Regel direkt mit der CO2-Emission in Verbindung steht, können anhand derartiger Kennziffern in Kombination mit ökonomischen Kenngrößen auch Aussagen über die Kosten einer Verminderung der CO2-Emission abgeleitet werden. Wenn ein Produktionsverfahren gegenüber einem anderen eine geringere CO2-Emission aber höhere Produktionskosten aufweist, dann sind mit der Emissionsminderung zusätzliche Kosten verbunden, die sogenannten CO2-Minderungskosten. Diese Kenngröße ist von größter Bedeutung, da die politisch vereinbarte CO2-Minderung an den Stellen anzusetzen hat, welche die geringsten Minderungskosten verursachen. Bei der ergänzenden Beurteilung von Produktionsverfahren anhand von Energiebilanzen oder der korrespondieren den CO2-Emission muß die Vergleichbarkeit der Produkte Berücksichtigung finden. Aus diesem Grunde erscheint der bereits angesprochene Flächenbezug nicht unproblematisch. Doch auch der Bezug auf den Naturalertrag kann zu Fehlinterpretationen führen. So könnte z.B. bei Marktfrüchten eine unterschiedliche Qualität der Produkte (z.B. zwischen Backweizen mit Unterschieden in Klebergehalt und Kleberqualität) oder bei Futterpflanzen eine abweichende Nährstoffkonzentration trotz gleicher Naturalerträge das Ergebnis beeinflussen. Mit anderen Worten, ein eventuell niedrigerer Energieinput je 100 kg Backweizen geringer Qualität gegenüber der Erzeugung von 100 kg hochwertigem Backweizen kann nicht als vorteilhaft bezeichnet wer den, weil beide Produkte nicht wirkungsgleich sind. Eine ähnliche Situation ist sicher auch im Bereich der tierischen Erzeugnisse anzutreffen. So könnte eine energiesparende Erzeugung von Rindfleisch, z.B. unter Einsatz von Futtermitteln mittlerer Nährstoffkonzentration, zu einem qualitativ weniger hochwertigen Produkt führen, als die Erzeugung von Rindfleisch mit Futtermitteln hoher Nährstoffkonzentration bei einem zugleich höheren Energieinput. Eine Alternative bestünde darin, nicht die Produktmenge in naturalen Einheiten sondern in monetären Einheiten als Bezugsgröße zu verwenden. Eine andere Vorgehensweise wäre in einer entsprechenden rechnerischen Kompensation der Qualitätsunterschiede denkbar. Der Energieeinsatz bzw. die damit verbundene CO2-Emission spielen schließlich auch eine Rolle im Hinblick auf die Globalisierung der Märkte. Häufig wird argumentiert, Produkte werden in anderen Ländern mit niedrigen Umweltstandards erzeugt und belasten darüber hinaus durch einen hohen Transportaufwand die Umwelt zusätzlich. Auch in diesem Zusammenhang ist eine umfassende Betrachtung der Zusammenhänge wichtig, um eine fundierte Beurteilung zu ermöglichen. Folgende zwei Beispiele mögen das verdeutlichen:Einerseits kann eine marktferne Erzeugung aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen mit einem niedrigen Energieinput und in der Regel auch mit relativ geringen CO2-Emissionen verbunden sein. Dem steht ein entsprechend hoher Energieinput für den Transport gegenüber. Andererseits kann eine marktnahe Produktion durch einen niedrigen Energieinput und geringe CO2-Emission für den Transport gekennzeichnet sein, während klimatisch ungünstigere Bedingungen einen erhöhten Energieaufwand zur Folge haben (z.B. für die Beheizung der Glashäuser oder die Herstellung von Mulchfolien).Eine objektive Beurteilung von Produktionsverfahren vergleichbarer Produkte erfordert eine umfassende Betrachtung des gesamten oder zumindest eines vergleichbaren Abschnittes des Produktlebenszyklus. Damit finden z.B. auch produktionsbedingte Abweichungen hinsichtlich des Verarbeitungsaufwandes aufgrund unterschiedlicher Produktqualität Berücksichtigung. Auf diese Art und Weise werden aber auch Unterschiede, z.B. hinsichtlich des not wendigen Transportes, berücksichtigt. Letztlich müßte das Ziel darin bestehen, möglichst alle externen Effekte im Preis zu internalisieren. In diesem Idealfall würde dann die "unsichtbare Hand des Marktes" selbständig für eine auch unter Umweltgesichtspunkten optimale Produktionsstruktur sorgen und es wäre keine gesonderte Betrachtung von Energie- und CO2-Bilanzen notwendig. Da die vollständige Internalisierung aller externen Effekte erhebliche Probleme bereiten dürfte, erscheint es angebracht, in den Fällen, bei denen die Internalisierung nicht oder noch nicht möglich ist, vorerst die auf monetären Angaben basierenden ökonomischen Kennziffern durch Umweltkennzahlen zu ergänzen.