Schwerpunkt: Informationstechnologie in der AgrarwirtschaftEinführung

Wilhelm Henrichsmeyer

Published: 01.03.1999  〉 Heft 3/4/1999  〉 Resort: Article  〉  Deutsch
Submitted: N. A.   〉 Feedback to authors after first review: N. A.   〉 Accepted: N. A.
DOI:
N. A.

ABSTRACT

Die Informationstechnologie hat begonnen, die Arbeitswelt in den Unternehmen und den Lebensalltag der Menschen grundlegend zu verändern, auch in der Agrarwirtschaft. Zielsetzung dieses Schwerpunktheftes ist es, einen Überblick über den Stand und die Perspektiven der Anwendung der Informationstechnologie in verschiedenen Teilbereichen des "Agrarkomplexes" zu geben: der Landwirtschaft; den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen; dem "Electronic Commerce"; der Ausbildung, Information und Beratung sowie der wissenschaftlich basierten Politikfolgenabschätzung und Politikberatung. In der begrenzten An zahl von Beiträgen kann natürlich nicht das ganze Spektrum der Anwendungsbereiche und Probleme abgehandelt werden, vielmehr sollen die Ausführungen zu Teilaspekten eine Grundorientierung bieten.
In zukunftsorientierten landwirtschaftlichen Unternehmen hat die EDV-basierte Informationstechnologie in hier für besonders zugänglichen und kostensparenden Teilbereichen weitgehend Einzug gehalten, wie etwa in der Datenhaltung, Buchführung, Kalkulation von Futterrationen und Düngemitteleinsatz, Betriebsvergleich und Schwachstellendiagnose. In diesen Bereichen dürfte die Anwendung der Informationstechnologie weiter zunehmen und perfektioniert werden, während ganzheitliche Modelle zur Planung von Betriebsorganisation und -entwicklung weniger Anwendung gefunden haben, als vielfach erwartet wurde (s. hierzu: Beitrag von Brodersen und Kuhlmann). Dagegen ist zu erwarten, daß die Entwicklung neuer Techniken der Prozeßsteuerung und Automatisierung im Pflanzenbau und in der Tierhaltung, die in wichtigen Teilbereichen bereits deutlich über das Versuchsstadium hinausgekommen sind, die Produktionsabläufe in den landwirtschaftlichen Betrieben geradezu revolutionieren und weitreichende Folgewirkungen haben werden (s. Beitrag Schön und Auernhammer). So dürften etwa die automatischen Melk- und Fütterungssysteme die Arbeitsbedingungen der in der Milchviehhaltung tätigen Menschen wesentlich verbessern und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft im weltweiten Wettbewerb beitragen. Weiterhin dürfte die rechnergestützte Bodenbearbeitung und Bestandsführung die Möglichkeiten überbetrieblicher Zusammenarbeit erleichtern sowie eine bedarfsgerechtere Dosierung des Düngemittel- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes ermöglichen und damit zu einer Verringerung der Umweltbelastungen führen.
In den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Unternehmensbereichen sind Anwendungsstand und Perspektiven der Informationstechnologie je nach Art der Unternehmenstätigkeit und der Unternehmensgröße recht unterschiedlich. Auf den Einsatz von Informationstechnologien in den global operierenden Großunternehmen der Ernährungsindustrie (Unilever, Nestlé etc.), die umfassende Systeme für Prozeßsteuerung, Controlling, Marketing sowie taktische und strategische Planung umfassen, kann in diesem Heft nicht näher eingegangen werden. In weiten Teilen von Handwerk und Kleingewerbe dürften Stand und Perspektiven des Einsatzes von Informationstechnologie ähnlich einzuordnen sein wie für die Landwirtschaft. Weiter gehende Einsatzmöglichkeiten bestehen auch hier in den Teilbereichen, in denen Formen automatisierter Prozeßsteuerung in Produktion oder Lagerhaltung angewendet werden können, sowie im Bereich der Marktinformation und Geschäftsabwicklung ("Electronic Commerce", s. Bei trag Müller). Schiefer informiert in seinem Beitrag all gemeiner und grundsätzlicher über die Konzepte und Probleme des Einsatzes EDV-basierter Informationssysteme zur Unterstützung der Unternehmensführung bei operativen, taktischen und strategischen Entscheidungen.
Für die Informationsübermittlung jedweder Art bietet das Internet völlig neue Möglichkeiten, und ein Ende des Innovationsprozesses ist in diesem Bereich noch gar nicht abzusehen. Pohlmann zeigt in seinem Beitrag auf, welche Chancen und Konsequenzen sich daraus für das Informationsangebot an agrarwirtschaftlicher Fachinformation und damit auch für Fachzeitschriften, Bibliotheken und Beratung ergeben.
Schließlich eröffnet die Informationstechnologie völlig neue Möglichkeiten der Politikanalyse und wissenschaftlich basierten Politikberatung. Der Weg führt hier von für spezifische Zwecke erstellten Markt- und Sektormodellen zu integrierten Politikinformationssystemen, die die Bereiche Datenhaltung, Modellspezifizierung und -validierung um fassen und im wechselseitigen Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern entwickelt und angewendet werden. Beispiele dafür sind etwa die verschiedenen Politikfolgenabschätzungen, die für die EU-Kommission und nationale Entscheidungsträger zur Vorbereitung der Vorschläge der Agenda 2000 und während des Verhandlungsprozesses durchgeführt wurden. Der Beitrag von Britz läßt erkennen, welche Möglichkeiten die Informationstechnologie in dieser Hinsicht bietet und welche Anforderungen an die Entwickler und Nutzer derartiger Politikinformationssysteme gestellt werden.
Generell gilt, daß die moderne Informationstechnologie auch eine große Herausforderung für die Schulausbildung, für das Lehrprogramm der Hochschulen, für lebenslange Weiterbildung und für"Learning on the Job" in fast allen Tätigkeitsfeldern darstellt.

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Prof. Dr. Wilhelm Henrichsmeyer, Institut für Agrarpolitik, Marktforschung und Wirtschaftssoziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Nußallee 21, D-53115 Bonn
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