Neue Schriftleitung der Agrarwirtschaft

Karin Holm-Müller

Published: 16.02.2007  〉 Jahrgang 56 (2007), Heft 2  〉 Resort: Article  〉  Deutsch
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N. A.

ABSTRACT

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, mit diesem Heft hat Herr Prof. Dr. Harald von Witzke nach fast vier Jahren die Schriftleitung der Agrarwirtschaft an mich übergeben. In dieser Zeit sind auf den Agrar- und Lebensmittelsektor in der EU und in Deutschland eine Reihe von teilweise umwälzenden Neuerungen zugekommen, die hier nur kurz angerissen werden können: Bis Anfang 2007 traten 12 neue Mitglieder der EU bei. Dadurch stieg sowohl die landwirtschaftliche Nutzfläche als auch die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen erheblich, während das Bruttoinlandsprodukt der EU kaum zunahm. Dies, sowie der fortschreitende WTO-Prozess mussten zu einem starken Reformdruck führen, der sich in beiden Säulen der Agrarpolitik bemerkbar machte. Die Mittel, die für den ländlichen Raum zur Verfügung stehen (ELER-VO), wurden für die alten Mitgliedsstaaten deutlich gekürzt, für Deutschland um ca. 11% (AGRA-EUROPE, 2006). In der ersten Säule erfolgte ein zumindest vom Ansatz her radikaler Paradigmenwechsel in der Agrarpolitik „von einer wettbewerbsverzerrenden Subvention zu weitgehend entkoppelten personellen Einkommenstransfers“ (GRETHE, HÄGER und KIRSCHKE, 2007: 7). Für den Agrarsektor von großer Bedeutung waren auch die Änderungen in der Energiepolitik, die in Deutschland durch die Steuerbefreiung von Biodiesel und die Förderung von Biogas in manchen Regionen zu einer starken Veränderung der Landnutzung führten.Im Lebensmittelrecht kam es durch weitere Lebensmittelskandale, tiefgreifenden institutionellen Wandel (z.B. Gründung der European Food Safety Authority) sowie durch neue Vorschriften, wie generelle Rückverfolgbarkeitspflichten für Lebensmittel zu neuen Anforderungen an Produktion und Distribution, aber auch an die nationalen Behörden. Doch auch die Agrarforschung musste sich neuen Herausforderungen stellen. Die Denkschrift der DFG „Perspektiven der agrarwissenschaftlichen Forschung“ (DFG, 2005) fordert verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Entwicklung einer problemorientierten Systemwissenschaft. Dem schloss sich der Wissenschaftsrat in seiner Empfehlung Ende 2006 zwar an, forderte darüber hinaus aber eine Konzentration der Forschung auf wenige Standorte, die leistungsfähige regionale Cluster bilden und kritische Massen für eine international sichtbare Forschung bieten könnten (WISSENSCHAFTSRAT, 2006).Die Agrarwirtschaft richtet sich sowohl an Betriebe, Unternehmen, Verbände und Behörden als auch an die Wissenschaft. Sie begleitete deshalb beide Prozesse zeitnah. Schwerpunkthefte befassten sich z.B. mit „Food quality, imperfect information and the role of markets and the state“ (Heft 8, 2004) oder mit „Land use under changing economic and political conditions – consequences of the CAP reform” (Heft 5/6, 2006). Ein weiteres Schwerpunktheft zum Thema Bioenergie ist in Vorbereitung. An allen Schwerpunktheften waren auch ausländische Wissenschaftler beteiligt. Die Möglichkeit, Texte auch auf Englisch zu veröffentlichen, hat diesen Prozess sicher erleichtert. Wir hoffen, dass sich dieser Trend fortsetzt und die Wahrnehmung der Agrarwirtschaft im Ausland sowie der Austausch mit Wissenschaftlern über den deutschsprachigen Raum hinaus sich dadurch weiter erhöht.Die Situation von Lehre und Forschung in der deutschen Agrarökonomie wurde vor allem in den Leitartikeln thematisiert. Seit 2004 befassten sich fünf der Leitartikel mit diesem Thema und boten Ansatzpunkte für eine engagierte Diskussion. Auch andere Leitartikel nahmen aktuelle Themen aus einem bestimmten Blickwinkel und teilweise durchaus provozierend auf. Ich würde mir wünschen, dass die dadurch hervorgerufenen Diskussionen sich auch innerhalb der Zeitschrift wiederfänden und diese damit auch einen Platz für eine wissenschaftliche Diskussion aktueller Probleme bieten könnte. Wir werden deshalb in Zukunft auch Stellungnahmen zu den Leitartikeln zulassen. Verhindern wollen wir allerdings, dass sich daraus eine „Leserbriefecke“ oder ein Forum zur Selbstdarstellung von Partikularinteressen entwickelt. Deshalb erwarten wir auch von den Kommentaren ein wissenschaftliches Niveau, das den Ansprüchen der Agrarwirtschaft gerecht wird. Sicher kann die Entscheidung darüber, was ein wissenschaftlicher Kommentar und was interessengeleitet ist, im Einzelfall durchaus einer Gratwanderung entsprechen. Doch denke ich, dass es einen Versuch wert ist, und vertraue darauf, dass unsere Leserinnen und Leser diese Möglichkeit konstruktiv nutzen werden. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Harald von Witzke im Namen der Herausgeber und des Deutschen Fachverlages für die erfolgreiche Arbeit danken, die er als Schriftleiter der Agrarwirtschaft geleistet hat. Ebenfalls meinen Dank möchte ich Herrn Prof. Dr. Roland Herrmann aussprechen, der die Rubrik „Buchbesprechungen“ aufgebaut hat. Diese Rubrik wird in Zukunft von Herrn Prof. Dr. Michael Grings weitergeführt. Ein besonderer Dank gebührt auch Frau Ulrike Marschinke und Frau Kerstin Oertel, die die Schriftleitung in den vergangenen Jahren tatkräftig unterstützt haben und dies auch weiterhin tun werden. LiteraturAGRA-EUROPE (2006): Kommission beschließt Verteilung der Mittel für die ländliche Entwicklung. 38/06, Europa-Nachrichten: 1-2.EUROPÄISCHE UNION: VO (EG) 178/2002, Abl. L 31 v. 1.02.2002.GRETE, H., A. HÄGER und D. KIRSCHKE (2007): Aspekte der Agrarpolitik 2006. In: Agrarwirtschaft 56 (1): 1-9.WISSENSCHAFTSRAT (2006): Empfehlungen zur Entwicklung der Agrarwissenschaften in Deutschland im Kontext benachbarter Fächer (Gartenbau-, Forst- und Ernährungswissenschaften) (Drs. 7618-06), Dresden.

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PROF. DR. KARIN HOLM-MÜLLER
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Institut für Lebensmittel und Ressourcenökonomik
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