ZusammenfassungDer vorliegende Beitrag analysiert mit Hilfe eines nicht-linearen, numerischen Standortoptimierungsmodells die Auswirkungen von Privatisierung und Marktliberalisierung auf die Struktur und Leistungsfähigkeit von landwirtschaftlichen Verarbeitungsbetrieben in Transformationsländern. Die Zuckerindustrie in Polen dient dabei als Anwendungsbeispiel. Das Modell berücksichtigt drei Faktoren, die die Standortwahl und die Betriebsgröße von landwirtschaftlichen Verarbeitungsbetrieben grundlegend beeinflussen: (i) regionale Unterschiede in den landwirtschaftlichen Produktionskosten, (ii) Kosten für den Rohstofftransport vom landwirtschaftlichen Erzeuger zum Verarbeitungsbetrieb und (iii) betriebsgrößenbedingte Kostendegressionen in der Verarbeitung.Aufgrund während der sozialistischen Vergangenheit unterlassener Investitionen nutzt die polnische Zuckerwirtschaft derzeit technisch veraltete Produktionsanlagen in 76 meist kleinen Fabriken. Zudem sind einige Rübenverarbeitungsbetriebe aus politischen Gründen in Gebieten gebaut worden, die keine guten Voraussetzungen für den Zuckerrübenanbau bieten. Mithin besteht beträchtlicher Bedarf für eine Konsolidierung, Modernisierung, und Relokalisierung der Zuckerindustrie. Aufgrund von politischem Widerstand gegen Fabrikprivatisierungen und Arbeitsplatzverlusten war der diesbezügliche Fortschritt bislang jedoch begrenzt.Die Modellösung bestätigt den Eindruck eines erheblichen Potentials zur Restrukturierung der Zuckerindustrie in Polen. Die Schließung veralteter und unvorteilhaft angesiedelter Rübenverarbeitungsbetriebe und eine Konzentration der Zuckerherstellung in nur 12 Großfabriken würde zu einer Senkung der Zuckerproduktionskosten um 21 % führen. Eine derartige Reorganisation der Zuckerindustrie würde jedoch Investitionen von 3,3 Mrd. DM erfordern und in dem Verlust von 80 % der Arbeitsplätze resultieren. Die Ergebnisse machen damit die Bedeutung eines stabilen, investitionsfreundlichen Politikumfelds und einer ländlichen Regionalpolitik, die auf die Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten ausgerichtet ist, klar.