Aspekte gemeinsamer Agrarpolitik 1999

Dirk Manegold

Published: 01.01.2000  〉 Heft 1/2000  〉 Resort: Article  〉  Deutsch
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N. A.

ABSTRACT

Das "Europäische Modell der Landwirtschaft" - Ein neues Leitbild?Als Antwort auf Globalisierung und internationale Liberalisierungsbestrebungen wird in Europa seit einigen Jahren ein sog. "Europäisches Modell der Landwirtschaft" als neues agrarpolitisches Leitbild propagiert. Fragt man sich aber, was konkret hinter diesem Schlagwort steht, so ist "auf der Suche nach dem Europäischen Agrarmodell" eine gewisse Ratlosigkeit kaum zu übersehen. Als Definition wird heute meist eine Passage aus einer Erklärung des Rates der Landwirtschaftsminister vom November 1997 (sog. Luxemburger Erklärung) verwendet. Danach muss "die europäische Landwirtschaft als Wirtschaftsfaktor multifunktional, nachhaltig und wettbewerbsfähig sein und sich über den gesamten europäischen Raum einschließlich der Regionen mit spezifischen Problemen verteilen. Sie muss in der Lage sein, die Landschaft zu pflegen, die Naturräume zu erhalten und einen wesentlichen Beitrag zur Vitalität des ländlichen Raums zu leisten. Ferner muss sie den Anliegen und Forderungen der Verbraucher in Bezug auf die Qualität und die Sicherheit der Lebensmittel, den Umweltschutz und den Tierschutz gerecht werden".Befürworter des "Europäischen Modells der Landwirtschaft" sind von der Notwendigkeit und Berechtigung einer allgemeinen Subventionierung der Landwirtschaft und insbesondere ihres Schutzes gegen ausländische Konkurrenz überzeugt, weil andernfalls die multifunktionalen Werte nicht geschaffen werden könnten.Multifunktionalität kann jedoch keine Agrarprotektion rechtfertigen. Bevor in dieser Richtung überhaupt etwas zu unternehmen wäre, müsste zunächst einmal eine Bilanz der positiven und negativen externen Effekte der Agrarproduktion aufgestellt werden. Dabei könnten sich zumindest regional durchaus negative Salden ergeben, die der weiteren protektionistischen Argumentation jede Grundlage entziehen. In diesem Zusammenhang wäre weiterhin zu bedenken, dass gerade ein Abbau der Agrarprotektion die wirksamste Einzelmaßnahme wäre, die staatlicherseits zur Verringerung negativer ökologischer Effekte der landwirtschaftlichen Produktion ergriffen werden könnte. Außerdem wäre zu prüfen, ob nicht andere Wirtschaftsbereiche gewichtigere Beiträge beispielsweise zur Verbesserung der Beschäftigungssituation auf dem Lande leisten könnten als eine unter Effizienzgesichtspunkten notwendigerweise kapitalintensive, arbeitskräftearme Landwirtschaft.Schließlich verbietet sich eine allgemeine Protektion der Landwirtschaft ohnehin aus ökonomischen Gründen; denn solche Stützung wirkt immer undifferenziert und im Hinblick auf die angestrebten Ziele nur indirekt. Sie wäre im Vergleich zu einer direkten Bezahlung erbrachter Leistungen unnötig kostspielig und vollkommen ineffizient. Darüber hinaus verwahren sich alle Exportländer der Welt zunehmend und mit Recht dagegen, dass sie infolge außenhandelswirksamer Maßnahmen anderer Staaten durch Preisdruck und Instabilität ihrer Märkte in Mitleidenschaft gezogen werden.Multifunktionalität kann somit nicht pauschal durch Protektion abgegolten werden. Vielmehr müssen, wenn bestimmte Leistungen, die als positive externe Effekte landwirtschaftlicher Produktion anfallen, entgolten werden sollen, diese genau spezifiziert und quantifiziert werden, bevor erwogen werden kann, sie einzeln und ihrer gesellschaftlichen Wertschätzung entsprechend zu bezahlen. Pauschalierungen sind dabei unangebracht. Auch gibt es keinen triftigen Grund, solche Entgelte einer einzigen Berufsgruppe, d.h. allein den Landwirten, vorzubehalten, wenn bestimmte Leistungen auch von anderen erbracht werden können. Landwirte und Nichtlandwirte müssen sich vielmehr gleichberechtigt um Aufträge zur Erstellung effektiv nachgefragter Leistungen bewerben dürfen.Agrarpolitisch ist Schutz der Multifunktionalität also, insbesondere wenn auf Pauschalentgelt gesetzt wird, ein weitgehend untauglicher, populistischer Begriff.

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Dirk Manegold, Institut für Marktanalyse und Agrarhandelspolitik, Braunschweig
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