2 Die Märkte für Getreide, Ölsaaten und Kartoffeln

Friedrich Uhlmann

Published: 16.01.2002  〉 Heft 2 (von 8) 2002  〉 Resort: Article 
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ABSTRACT

Die globale Getreideerzeugung stagnierte von 1996 bis 1999. In den letzten beiden Jahren lagen die Produktionsschätzungen für Getreide insgesamt, einschließlich Reis, deutlich unter dem Niveau des jeweiligen Vorjahres. Der während des gesamten Zeitraumes steigende Verbrauch konnte seit 1999 nur durch einen Rückgriff auf die Reserven gedeckt werden. Im Vergleich zur Mitte der 1990er Jahre war Getreide im Jahr 2001 preiswert. Gegenüber 1996/97 haben sich die Reispreise halbiert; für Weizen und Körnermais müssen 30 % weniger gezahlt werden.Trotz der steigenden Nachfrage nach Getreide und rückläufiger Ernten ist eine Ausweitung des internationalen Getreidehandels im Jahr 2001/02 nicht in Sicht. Höheren Umsätzen bei Weizen stehen geringere bei Futtergetreide gegenüber. Der Reishandel dürfte nur unwesentlich zunehmen.Während sich für die EU ein deutlicher Rückgang der Weizenausfuhren abzeichnet, wird angenommen, dass die USA, Kanada, Australien und Argentinien ihr jeweiliges Ausfuhrvolumen in 2001/02 halten oder durch Rückgriff auf die Reserven sogar steigern. Von der steigenden Nachfrage nach Weizen, die vor allem von ostasiatischen Ländern und der EU ausgeht, werden in erster Linie nichttraditionelle Anbieter begünstigt. Aus der GUS, osteuropäischen Ländern, Indien und Pakistan liegen preiswerte Angebote vor. Die von diesen Ländern angebotenen Qualitäten entsprechen jedoch nicht unbedingt den Vorstellungen der Importländer.Das Volumen des internationalen Handels mit Futtergetreide wird gegenüber dem Vorjahr um knapp 4 Mio. t sinken. Einen geringeren Bedarf haben osteuropäische Länder, Brasilien, der Vordere Orient sowie vor allem Südkorea. Bei diesem Land dürfte jedoch Körnermais durch preiswerten Futterweizen ersetzt werden. Zwischen den Anbietern zeichnen sich Marktanteilsveränderungen ab. Die USA können ihr Exportvolumen ausdehnen. Das gilt auch für Länder aus der Schwarzmeerregion. Die zeitweise Zurückhaltung der Europäischen Kommission bei der Vergabe von Ausfuhrlizenzen dürfte zu einer deutlichen Einschränkung der EU-Exporte führen. Die bisherige Ausfuhrpolitik der VR China lässt auf niedrigere Maisausfuhren als in den Vorjahren schließen.Seitdem der globale Getreideverbrauch die Erzeugung übersteigt, wird von einer angespannten Versorgungslage gesprochen. In den am Weltmarkt erzielten Exportpreisen kommen diese Befürchtungen jedoch nur in abgeschwächter Form zum Ausdruck. Im vierten Quartal des Jahres 2000 sind die Exportpreise für Weizen zunächst kräftig angestiegen. Der vom Internationalen Getreiderat ermittelte Preisindex erhöhte sich innerhalb von drei Monaten um mehr als 11 %. Es wurde befürchtet, dass sich diese Verteuerung auch in den folgenden Monaten fortsetzen würde. Dazu ist es jedoch nicht gekommen, sondern die Preise konsolidierten sich auf dem erreichten Niveau. Auch der Produktionsrückgang des Jahres 2001 hat bisher noch nicht zu einer Anhebung der Durchschnittspreise für Weizen geführt. Im Jahresvergleich haben sich Weichweizenqualitäten mit hohen Proteingehalten weniger verteuert als die Standardqualitäten für die Brotherstellung. Bemerkenswert ist, dass die Weichweizenpreise für Lieferungen fob nordamerikanische Pazifikhäfen kräftiger zulegen konnten als für vergleichbare Qualitäten fob Golfhäfen oder fob St. Lorenzstrom. Die steigende Nachfrage ostasiatischer Länder macht sich somit deutlich bemerkbar.In der EU hat ein nasser Herbst 2000, von dem besonders Nordfrankreich und das UK betroffen waren, zu einer deutlichen Anbaueinschränkung der Winterungen geführt. Der Rückgang der EU-Getreidefläche in der Größenordnung von 0,9 bis 1,1 Mio. ha ist nicht auf die Ausdehnung konkurrierender Früchte zurückzuführen. Ölsaaten und Hülsenfrüchte haben ihr Areal mehr oder weniger beibehalten; Zuckerrüben und Kartoffeln wurden eingeschränkt. Die vernässten Böden haben keine optimale Bestandsentwicklung zugelassen. In Spanien haben zudem mangelnde Niederschläge während der Vegetationsperiode zu erheblichen Ertragsausfällen bei Weizen und Gerste geführt. In den nördlichen Mitgliedsländern sind die Erntearbeiten durch Niederschläge während der Ernte behindert worden. Verluste und Qualitätsschädigungen waren die Folge in Dänemark, Schweden und dem nordöstlichen Deutschland. Nach derzeitig verfügbaren Informationen sind in der EU etwa 200 Mio. t Getreide auf einer Fläche von 36,6 Mio. ha eingebracht worden. Das durchschnittliche Ertragsniveau ist deutlich unter dem von 2000 anzusetzen.Im Gegensatz zu anderen Mitgliedsländern ist in Deutschland der Getreideanbau nicht eingeschränkt worden. Der Anbau von Öllein, Kartoffeln und Futterpflanzen auf dem Ackerland ist deutlich zurückgenommen worden. Die Winterungen haben nicht unter Kahlfrösten oder stauender Nässe gelitten. Eine günstige Niederschlagsverteilung hat in den ostdeutschen Bundesländern zu einem kräftigen Ertragsanstieg von 16,8 % geführt. In den westdeutschen Bundesländern wurde ein durchschnittlicher Ertragszuwachs von 5,8 % ermittelt. Insgesamt wird im Jahr 2001 mit einer Rekordgetreideernte von 49,8 Mio. t gerechnet. Davon entfallen 46 % auf Weizen, 10 % auf Roggen, 27 % auf Gerste und jeweils 7 % auf Körnermais einschl. Corn-Cob-Mix und Triticale. Im WJ 2000/01 war in der EU eine sehr große Ernte angefallen. Der Produktionszuwachs konzentrierte sich auf Weizen, Gerste und Körnermais. Die Importe waren gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig. Aus Qualitätsgründen fragen die südlichen Mitgliedsländer hochwertigen Drittlandweizen nach, der im gesamten WJ ohne Zollbelastungen importiert werden konnte. Trotzdem waren die Weizenimporte rückläufig, da die EU selbst über eine größere Hartweizenernte verfügte. Außerdem ist die EU nach dem Beitritt Spaniens und Portugals verpflichtet, Mais und Sorghum zu einem ermäßigten Zollsatz vom Weltmarkt zu beziehen. Die Getreideausfuhren sind kräftig zurückgefahren worden, obwohl sie überwiegend zu Preisen abgewickelt werden konnten, die keine Exporterstattungen erforderlich machten. Der Getreideverbrauch ist unerwartet deutlich gesteigert worden. Der Zuwachs ergibt sich aus dem Verfütterungsverbot für Tiermehl und der Maul- und Klauenseuche auf den britischen Inseln. Der gegenüber dem US-$ schwach bewertete Euro hat die importierten Eiweißfuttermittel verteuert und so den Einsatz von Getreide begünstigt. Die Getreidebestände zum Ende des WJ übersteigen die Anfangsbestände beträchtlich. Da die Verkäufe aus der Intervention die Übernahmen übertroffen haben, sind die Interventionsbestände im Laufe des WJ gesunken. Dementsprechend ist es zu einem kräftigen Bestandsaufbau gekommen.Das WJ 2001/02 steht unter veränderten Voraussetzungen. Der Getreideverbrauch der EU dürfte nur noch langsam steigen. Es ist wiederum die Getreideverfütterung, die von der geforderten Transparenz der Mischfutterzusammensetzung (offene Deklaration) und von einer artgerechten Haltung der Nutztiere begünstigt wird. Die übrigen Segmente der Nachfrage weisen voraussichtlich nur geringe Veränderungen auf oder sie neutralisieren sich gegenseitig. Bestimmt wird der Markt durch das geringere Ernteaufkommen, den Bestandsabbau und die ansteigenden Importe. Die Europäische Kommission nutzt das hohe Preisniveau auf der iberischen Halbinsel zum Abbau der Interventionsbestände durch Ausschreibungen für den Binnenmarkt. Die Angebote aus dem Schwarzmeerraum in Verbindung mit der Senkung der Importzölle für diese Herkünfte lassen einen Anstieg der Importe von Futtergetreide einschl. Futterweizen in den südlichen Mitgliedsländern erwarten. Die fehlende Zollbelastung für Qualitätsweizen begünstigt die Importe aus Nordamerika und vermindert die Absatzmöglichkeiten entsprechender deutscher Herkünfte in Spanien und Italien. Der Getreideexport wird erneut deutlich geringer ausfallen als im Vorjahr. Ein Sonderproblem bildet der Roggen. Trotz Anstrengungen der Kommission, den Export und die Verfütterung in der EU zu fördern, ist erneut mit einem deutlichen Anstieg der Jahresendbestände zu rechnen. Dagegen kann das steigende Ernteaufkommen an Triticale problemlos der Verfütterung zugeführt werden. Der Selbstversorgungsgrad für Getreide insgesamt sinkt deutlich. Mit etwa 106 % hat er den niedrigsten Wert seit Einführung der Agrarreform von 1992 erreicht.Der EU-Kartoffelmarkt der letzten beiden Jahre war durch Überschüsse geprägt. Die Speisekartoffelpreise lagen auf einem niedrigen Niveau. Das reichliche Angebot übte ständig Druck auf die Erzeugerpreise aus. In Deutschland haben die Erzeuger im Jahr 2001 darauf - nach dem vorläufigen Ergebnis der Flächennutzungserhebung zu urteilen - mit einer Flächeneinschränkung von 8 % reagiert, die sowohl bei Frühkartoffeln als auch bei mittelfrühen und späten Kartoffeln vorgenommen wurde.Knollenansatz und Ertragszuwachs sind in Süddeutschland und in Nordrhein-Westfalen weit hinter den Erwartungen der Erzeuger geblieben. Dagegen konnten in den ostdeutschen Bundesländern sehr hohe Erträge eingebracht werden. Die deutsche Kartoffelernte wird auf 10,9 Mio. t geschätzt. Davon entfallen 475 000 t auf Frühkartoffeln. Flächeneinschränkungen und Ertragsrückgänge ergeben zusammen einen Ernterückgang von 17,4 %.In Deutschland war der Kartoffelmarkt 2000/01 durch die sehr große Ernte geprägt. Da in den Nachbarländern ein deutlich höheres Kartoffelpreisniveau als in Deutschland geherrscht hat, sind die Importe frischer Kartoffeln eingeschränkt worden. Dagegen konnte der Export erneut gesteigert werden. Die Lieferungen in die Niederlande überschreiten bereits die Marke von 1 Mio. t. Jährlich werden 60 000 t bis 90 000 t Speisekartoffeln nach Italien ausgeführt; sie entlasten vor allem den bayerischen Kartoffelmarkt. Die Kontingentierung der Stärke- und Alkoholerzeugung bewirkt, dass die Nachfrage dieses Marktsegmentes stabil ist. Trotz des niedrigen Preisniveaus ist der Pro-Kopf-Verbrauch nur unwesentlich gestiegen. Die Erzeuger bemühten sich frühzeitig um eine Entlastung des Kartoffelmarktes und verfütterten (und vernichteten) größere Mengen.Die Vorschätzung der Versorgungsbilanz 2001/02 weist auf eine entspanntere Situation auf dem deutschen Kartoffelmarkt hin. Mit einem Anstieg der Importe, aber mit kleineren Exporten ist zu rechnen. Der Anstieg der Verbraucherpreise lässt einen geringen Rückgang des Nahrungsverbrauchs erwarten. Den Brennereien sind erneut sehr niedrige Kontingente zugewiesen worden, so dass mit einem leichten Rückgang der Verarbeitung zu Stärke und Alkohol gerechnet werden muss. Der Futterrest dürfte sich auf die Sortierreste beschränken. Der Selbstversorgungsgrad ist rückläufig und liegt knapp über der Selbstversorgung.Das hohe Preisniveau für Frühkartoffeln der Ernte 2001 weckte bei den deutschen Erzeugern Hoffnungen auf höhere Erzeugerpreise für Speisekartoffeln gegenüber den beiden Vorjahren. Durch die rechtzeitige Räumung des Frühkartoffelmarktes und durch die Meldungen voraussichtlich niedriger Kartoffelerträge konnten die Erzeuger bereits in der Ernte hohe Preise durchsetzen. Lagerkritische Partien drängten in den Herbstmonaten auf eine rasche Vermarktung und begrenzten damit den Preisanstieg. Nach Meldungen der ZMP haben sich die Erzeuger und der Erfassungshandel mit geringeren Mengen bevorratet als in den Vorjahren. Wenn das Ergebnis der endgültigen Ernteschätzung nicht wesentlich von dem der vorläufigen abweicht, muss im Frühjahr 2002 mit steigenden Erzeugerpreisen gerechnet werden.

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Dr. Friedrich Uhlmann, Institut für Marktanalyse und Agrarhandelspolitik der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Braunschweig, Bundesallee 50, D-38116 Braunschweig
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